Die dritte Stimme: Kriminalroman (German Edition) by Rolf Börjlind & Cilla Börjlind

Die dritte Stimme: Kriminalroman (German Edition) by Rolf Börjlind & Cilla Börjlind

Autor:Rolf Börjlind & Cilla Börjlind [Börjlind, Rolf]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: btb Verlag
veröffentlicht: 2014-12-15T16:00:00+00:00


Er klappte die kleine Spezialplastikschachtel auf. Darin lagen drei Porzellanaugen nebeneinander in einer durchsichtigen Flüssigkeit, eines mit einer blauen Iris, eines mit einer braunen und eines ohne Iris. Er entschied sich für das braune, das passte zu seinem gesunden Auge. Vorsichtig spülte er das Porzellanauge unter fließendem warmen Wasser ab, wusch es mit einer milden, unparfümierten Seife, träufelte ein wenig steriles Wasser darauf und drückte es dann in die leere Augenhöhle.

Zum Schluss schloss er die Plastikschachtel.

Olivia hatte ihr Handy eingeschaltet und eine gute Wegbeschreibung zu Jean Borells Anwesen auf Värmdö erhalten. Es lag ganz abgelegen, auf Ingarö. Am Wasser. Als sie von der Hauptverkehrsstraße abbog, setzte der Regen ein. Sie folgte einem Schild zu dem Ort Brunn. Die ganze Zeit versuchte sie sich bewusst zu machen, als was für eine Person sie agieren sollte, eine Person, die auf keinen Fall ihre wahren Gefühle zeigen durfte. Sie sollte einen Mann treffen, den sie aus tiefstem Herzen verabscheute, ohne ihm bisher je begegnet zu sein, ein Mann, der andere Menschen eiskalt großem Leiden aussetzte, nur um sein eigenes Privatvermögen zu vermehren. Ein waschechter Stinkstiefel, wie Alex gesagt hatte.

Ein Stinkstiefel, der möglicherweise Sandras Vater ermordet hatte.

Ihn sollte sie anlächeln.

Ihre charmanteste Seite zeigen.

Ihm sollte sie zuhören, ihn für seinen ausgezeichneten Kunstsinn loben, ihm Komplimente machen für seine Fähigkeit, das zu sehen, was nur so wenige sehen konnten, die Tiefe in dem visuellen Ausdruck bei einem großen Künstler.

Seine Eitelkeit sollte ordentlich bedient werden.

Bei Brunn bog sie ab und fuhr einen engen Waldweg entlang. Hier gab es keine Ausschilderung. Sie folgte eine ganze Weile diesem Weg. Der Regen nahm zu, der Wald wurde dichter und dunkler. Sie sah kein anderes Haus, kein Licht. Borell hatte wohl das gesamte Gelände hier aufgekauft, um so ungestört wie möglich zu sein. Das passte zu dieser Art von Charakter. Man will keine anderen Menschen in der Nähe haben, man braucht seinen Lebensraum. Die Ungestörtheit. Man möchte ein eigenes kleines Reich für sich haben.

Ohne Einblick.

Nach weiterer finsterer Fahrt fragte sie sich, ob sie überhaupt auf dem richtigen Weg war. Die Scheibenwischer hatten große Mühe, den Regen zu bewältigen, und es wurde immer schwieriger, etwas zu erkennen. Da sah sie es. Weit vor sich. Ein großes Eisentor, das in zwei massive Marmorpfosten eingehängt war. Sie bremste langsam ab. Rechts von dem Tor gab es einen kleinen, mit Kies bestreuten Platz. Ein dunkler Wagen stand dort. Sie parkte den Mustang daneben und stellte den Motor aus.

Hier wohnte er also?

Sie stieg aus, schloss den Wagen ab und ging zu dem Eisentor. An einem der Pfosten hing eine kleine weiße Dose mit einem Knopf darauf. Sie drückte ihn. Ein leises Knacken war aus der Dose zu hören. Sie wartete. Drückte noch einmal die Klingel und erwartete, dass sich das Tor öffnete. Doch das tat es nicht. Sie beugte sich zur Dose hinunter und sagte:

»Hier ist Olivia Rivera. Ich habe einen Termin mit Jean Borell um sechs Uhr. Ich stehe vor dem Tor.«

Trat dann ein paar Schritte zurück. Plötzlich öffnete sich langsam das Tor, lautlos. Kein Quietschen oder Knarren, die Flügel glitten lautlos auseinander.



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